Liebe Leserin, lieber Leser,
„Und kam die goldene Herbsteszeit und die Birnen leuchteten weit und breit …“. Vielleicht haben Sie wie ich die Ballade Theodor Fontanes „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ (1889) einmal gelernt. Mit diesem Gemeindebrief überschreiten wir die Grenze zwischen Sommer und Herbst. Wir haben die Sommerferien hinter uns. In jenen Wochen haben manche in, mit und unter Corona-Bedingungen auch ihre Begrenzungen erkannt. Andere konnten endlich über vor langer Zeit durch Corona gesetzte Grenzen gehen.
Grenzgänger-Geschichten finden wir auch in der Bibel. In ihnen entdecke ich, wohin Menschen kommen können, wenn sie Grenzen ihres Lebens überschreiten. Schon am Anfang der Bibel lesen wir von verbotenen Grenzüberschreitungen. Adam und Eva essen vom „verbotenen“ Baum (Gen 3) und müssen die schützenden Grenzen des Paradieses verlassen. Wenige Kapitel weiter überschreiten Menschen die Grenze ihrer Kompetenz. Sie bauen einen Turm bis in den Himmel und wollen sich damit berühmt machen. Aber Gott zeigt ihnen ihre Grenze, zerstört den Turm und zerstreut die Menschen über die ganze Erde (Gen 11).
Ganz anders ist es, wo Menschen im Auftrag Gottes über Grenzen gehen. In 1. Mose 12 soll Abraham alles verlassen, was ihm bisher Schutz und Sicherheit bot: Bindungen, Freundschaften und sein soziales Umfeld. Abraham wagt den Aufbruch über die Grenze seiner Heimat in ein fremdes Land. Er vertraut darauf, dass Gott den Weg bestimmt und gebahnt hat. Und Gott macht ihn zum großen Volk und segnet ihn.
In 1. Könige 17 lesen wir gleich von mehreren Grenzüberschreitungen, jeweils von Gott befohlen: Gott sendet den Propheten Elia über die Landesgrenze in die Stadt Sarepta. Dort soll er mit Essen und Trinken versorgt werden von einer Witwe, die selbst die Grenze der Hungersnot erreicht hat. Da geht es über die politische Grenze zwischen zwei Ländern und über die religiös-kulturelle Grenze zwischen einem Mann und einer Witwe, die damals in solcher Weise keinen Kontakt haben durften. Aber Gott geht mit beiden über alle Grenzen. Und beide, die im Vertrauen auf Gottes Wort hin Grenzen ihrer Lebenswelten überschritten haben, erleben ein gutes Ende.
Gott selbst hat mit Jesus die Grenze zwischen sich und den Menschen überschritten. Und Jesus überschreitet selbst gleich mehrere Grenzen. Er heilt am Sabbat, hat Tischgemeinschaft mit Ausgegrenzten und vergibt Sünden. Und wo Menschen sich auf Grenzüberschreitungen mit Jesus einlassen, spüren sie den Himmel auf Erden. In seiner Auferstehung überwindet Jesus sogar die letzte Grenze allen Lebens, die Grenze des Todes.
Auch ich bin mit Gott schon über manche Grenze gegangen. Im Herbst 2020 kam ich von den Grenzen des Kirchenkreises Holzminden-Bodenwerder in den Kirchenkreis Göttingen. Hier bin ich als sogenannter „Springerpastor“ auch ein Grenzgänger. Zum 1. August 2021 wurde ich durch das Landeskirchenamt beauftragt mit jeweils einer viertel Stelle in der Altenheimseelsorge in Göttingen, in der Region Friedland-Obernjesa sowie in der Kreuzweg-Kirchengemeinde in Gleichen.
Was kann ich in Ihre Gemeinden einbringen? Vor allem eine Menge an praktischen Erfahrungen als „kirchlicher Grenzgänger“ und Seelsorger in verschiedenen kirchlichen und diakonischen Arbeitsfeldern seit 1983. Ich war viele Jahre in ländlich strukturierten Kirchengemeinden, in der Diaspora in der Steiermark, im Landkreis Goslar und im Weserbergland. Im Kirchenkreis Holzminden-Bodenwerder wirkte ich in den vergangenen 25 Jahren mal in Kirchengemeinden und mal in der Altenheimseelsorge. Für diesen Schatz an Grenz-Erfahrungen danke ich Gott. Gott geht mit uns über Grenzen. Und in den Begrenzungen unseres Lebens spüren wir Gottes grenzenlose Liebe.
Ich bin verheiratet mit der Augenärztin Dr. Barbara Böcking. Wir wohnen in Göttingen. Dort können Sie mich telefonisch erreichen und mit mir Termine in der Gemeinde vereinbaren unter Tel.: 0551-41696. Sie erreichen mich auch über E-Mail: joerg.schulze2@evlka.de.
Und nun freue ich mich auf eine goldene Herbsteszeit und darauf, Sie, Ihre Kirchengemeinde und Kirchen kennenzulernen bei vielen und verschiedenen Begegnungen zu sehr unterschiedlichen Anlässen in Freude und Leid. Sie können mir bestimmt auch von sehr speziellen Grenzerfahrungen erzählen.
Bis demnächst und mit der Hoffnung zum Guten hin !
Ihr Pastor Jörg Schulze