Historisches - Unsere Kirche

Diemarden wurde schon 1272 als Pfarrort erwähnt und ist seit 1555 lutherisch. Eine frühere Kirche wurde nach einem Brand 1733 durch einen Neubau ersetzt.
Quelle: historisch
1833 bekam die Kirche eine erste Orgel, die bis heute den romantischen Klang bewahrt hat.

Ein Altarfragment zeigt (wohl um 1525 entstanden) im Mittelschrein Skulpturen Bartold Kastrops, die die zwölf Apostel darstellen sollen. Die Seitenflügel geben die Erzählungen aus dem Weihnachtsfestkreis wieder. Der Maler Heinrich Heisen hat sie nach Dürergrafiken gestaltet.

Zur Geschichte der Diemardener Orgel

Quelle: G. Sardemann
Orgelansicht von oben
1. Gemeindegesang ohne Orgel
1733 wurde in Diemarden eine neue Kirche an den alten Wehrturm aus dem Mittelalter gebaut. Eine Orgel gab es nicht, auch in der alten Kirche hatte keine gestanden. Es gab schon eine Empore. Die diente allerdings als Sitzplatz der Männer, denn damals saßen Männer und Frauen getrennt. Wie es dann zu einer Orgel kam, ist in den Akten des Pfarrarchivs zu lesen. 
Es begann mit einem neuen Pastor, Christian Heinrich Brauckmann. Er stammte aus Reinhausen und ließ sich wieder in seine Heimat versetzen, nachdem er vorher Hilfsgeistlicher in Lemförde (Grafschaft Diepholz), gewesen war. Dort gab es eine Orgel – und Brauckmann hatte erlebt, wie gut sich der Orgelklang auf den Gemeindegesang auswirkt. Umso trauriger musste der Diemardener Gesang auf ihn wirken. 
Er hat diesen Eindruck ausführlich beschrieben: Es gab gar keine gemeinsamen Melodien, jeder sang wie er wollte und konnte. Dabei gerieten die Lieder ganz durcheinander. Nicht einmal der Lehrer hatte ein Notenbuch –, der Lehrer musste damals den Gesang anstimmen und mit seinem Gesang leiten. Brauckmann schreibt: „Unter den vielen Schnörkeleien, die nicht gesungen, sondern geschrien wurden, konnte ich kaum die eigentliche Melodie erkennen“. Brauckmann sann auf Abhilfe. Der Lehrer bekam ein Notenbuch und sollte mit den Kindern die richtigen Melodien üben und in den Gottesdienst einbringen. Nun war zwar den „Schnörkeleien“ abgeholfen, aber es stellte sich ein anderes Übel ein: Der Gesang war nach Sitte der damaligen Zeit unglaublich langsam. Bei vielen Strophen unbegleiteten Gesangs sank die Stimmung immer tiefer. Brauckmann schreibt: „Daher wird denn gemeiniglich der Gesang nichts anderes als ein bloßes Hersagen der Worte, welches erst die erwachsene Jugend, dann die übrige Gemeinde, und zuletzt auch den Schullehrer nöthigt, in einer höheren Oktave anzufangen. Nothwendig muss aber durch das abwechselnde Fallen und Steigen, so wie durch die dadurch veranlaßte Entstehung verschiedener Chöre, die Andacht ganz gestört werden.“

2. Der Plan einer Orgel
Am 25.Juni 1830 fand ein besonderer Gottesdienst zu einem Reformations-Jubiläum statt, bei dem eine Musik von 5 Instrumenten den Gemeindegesang begleitete. Das gefiel allen sehr gut. Brauckmann nutzte die Gelegenheit. Am nächsten Sonntag schilderte er in der Predigt die Vorzüge einer Orgel. Anschließend versammelte er die Gemeinde auf dem Thie, wo die Anschaffung einer Orgel beschlossen wurde. Aber eine Orgel kostet viel Geld. Eine Spendensammlung wurde ins Leben gerufen. Die Spendenliste enthält 95 Namen und ergibt einen Betrag von 220 Reichstalern. Die Spenden waren zwar freiwillig, es wurde aber bestimmt: „Wer aber zu einem freiwilligen Beitrag sich nicht verstehen will, der verliert für sich und seine Nachkommen im Hause das Recht, die Orgel spielen zu lassen und soll darüber ein Dokument aufgenommen werden.“ (Das Dokument existiert immer noch!) 
220 Taler waren noch viel zu wenig. Die Kirchengemeinde hatte auch Einnahmen, etwa aus Pachten. Um aber daraus Gelder für einen Orgelbau entnehmen zu können, brauchte es eine Genehmigung der landeskirchlichen Verwaltung. Man musste sich also an das Consistorium in Hannover wenden, den Vorgänger des heutigen Landeskirchenamtes. Aber wieviel sollte die Orgel kosten? Wie groß sollte sie sein? Welche Register sollte sie enthalten? Brauckmann holte Gutachten mehrerer Sachverständiger ein und schrieb eine Reihe von Orgelbauern an – bis nach Thüringen, wo Johann Friedrich Schulze in Paulinzella eine große Werkstatt hatte. Auch in Hessen gab es mehrere bekannte Orgelbauer. Die Voranschläge kommen alle auf Beträge um 500 Reichstaler hinaus.

3. Hindernisse und Geldprobleme
Mit diesen Auskünften wandte sich Brauckmann nach Hannover. Damit geriet er in die Mühlen einer Bürokratie, die anscheinend den Orgelbau eher behindern als fördern wollte. Alle möglichen Auflagen wurden gemacht: 
- Es dürfen keine Sitzplätze auf der Empore verloren gehen,
- Die Gemeinde muss den Organisten und den Bälgetreter (den brauchte man ja auch!) selbst bezahlen.
- Auch alle Reparaturen muss die Gemeinde selbst übernehmen.
- Es soll kein Ausländer als Orgelbauer gewählt werden.

Damit fielen Hessen und Thüringen weg (weil Ausland!). Es lief alles auf den „Hoforgelbauer“ Ernst Wilhelm Meyer in Hannover hinaus. Die Sache zog sich hin, das Consistorium antwortete nicht auf Schreiben, ließ manche Auflagen doppelt und dreifach beschließen, der Superintendent Dr. Ruperti in Göttingen hielt nichts von dem Projekt. Es war zum Verzweifeln. Brauckmann schrieb immer wieder, griff zu den höchsten Tönen und ließ die Diemardener erklären: „Wir glauben nämlich, nicht besser für unsere Nachkommen sorgen zu können, wenn wir ihnen ein Mittel hinterlassen, das sie zum Gotteshause ziehen, und also mittelbar bei ihnen wahre Religiosität – die Grundlage alles zeitlichen und ewigen Wohls – befördern kann.“
Schließlich genehmigte das Consistorium eine Entnahme von 80 Reichstalern aus der Gemeindekasse. Damit waren die 500 Taler noch weit entfernt. Es reichte alles nicht. Schließlich trieb Brauckmann einen Orgelbauer auf, der billiger liefern wollte: Christoph Greve aus Lauenberg wollte für 460 Taler bauen. 220 hatte man an Spenden, 80 hatte das Consistorum genehmigt, 160 hoffte man noch aufzubringen. So wurde ein Vertrag mit Greve 1832 geschlossen. 

4. Der Orgelbau
Am 26. August 1833 war die Orgel fertig und wurde von dem Organisten Georg Jacob Weiß von der Johanniskirche in Göttingen abgenommen. Er war insgesamt zufrieden, zählte aber auch einige Mängel auf, die zu beheben waren. Dies Gutachten wurde aus ungeklärter Ursache nicht nach Hannover weitergeleitet. Das Consistorium setzte nun von sich aus einen Gutachter ein, den Universitätsmusikdirektor Dr. Heinroth aus Göttingen. Ein Schreck für Brauckmann, denn Heinroth hatte sich schon vorher sehr abfällig über die Fähigkeiten von Greve geäußert und erklärt, diesem hätte der Orgelneubau nie übertragen werden dürfen. Heinroth kam, sein Gutachten fiel offenbar vernichtend aus. Es ist nicht erhalten, nur die Stellungnahme von Brauckmann, der den Gutachter der Voreingenommenheit beschuldigt und alles zu widerlegen versucht. Inzwischen war das Geld immer noch nicht vollständig beisammen. Der Orgelbauer drohte mit einem Prozess. Mehrere Anträge an die Klosterkammer blieben ohne Erfolg. Wie die Orgel am Ende vollständig bezahlt wurde, ist aus den Akten nicht zu entnehmen. 1836 jedenfalls war die Orgel bezahlt. 

5. Die weitere Geschichte
In der Folgezeit scheint es, als hätte Heinroth doch recht gehabt. Es waren immer wieder Reparaturen nötig. Schließlich beschloss man einen Neubau. 1932 baute Emil Hammer aus Hannover hinter dem alten Prospekt (der reich geschnitzten vorderen Wand der Orgel) ein neues Werk, von dem berühmten Sachverständigen Prof. Christhard Mahrenholz entworfen. Hammer verwendete dabei eine neue Konstruktion, die damals verbreitet war: Die „pneumatische“ Traktur. Der Weg von den Tasten zu den Pfeifen lief nicht, wie früher, über Hebel. Die Ventile wurden vielmehr durch Pressluft, die durch Bleiröhren geleitet wurde, geöffnet. Später stellte sich heraus, dass diese Technik außerordentlich störanfällig war – sie wurde bald nicht mehr verwendet. 1995 wurde die Orgel von der Firma Palandt aus Hildesheim renoviert. Nur der schöne Prospekt erinnert noch an die Orgel von 1833.

von 
Pastor i.R. Egbert Rosenplänter